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Die Patellaluxation beim Hund - darum "hoppeln" Hunde wie ein Hase


Definition


Die Patellaluxation oder auch Kniescheiben-Verrenkung genannt, ist ein, vor allem bei kleinwüchsigen Hunden, bei heranwachsenden Hunden sowie älteren Hunden, häufiger Auslöser für Lahmheiten. Ursächlich ist die Verlagerung der Patella (Kniescheibe) aus dem sulcus trochlearis (Rollfurche) am unteren Ende des Oberschenkelknochens. Einfacher gesagt gleitet die Kniescheibe über die seitliche Begrenzung, die durch die Rollkämme des Oberschenkelknochens gebildet werden, hinaus. Die Verlagerung kann dabei intermittierend (wiederkehrend) oder permanent (andauernd) sein.


Anatomie


Das Kniescheibengelenk setzt sich einerseits aus der Kniescheibenrolle und andererseits aus der Patella (Kniescheibe) zusammen. Die Patella gleitet wie ein Schlitten in der Kniescheibenrolle hin und her. Aus diesem Grunde wird das Gelenk auch Schlittengelenk genannt. Bei der patella handelt es sich um einen flachen, scheibenförmigen Knochen (Sesambein), welcher in der Endsehne des vierköpfigen Oberschenkelmuskels eingelagert ist. Die Endsehne haftet an einer Knochen -Aufrauhung auf dem Schienbein und bildet dabei das gerade Schienbeinband. Der Quadrizepsmuskel, die patella (Kniescheibe), die Rollfurche, das Kniescheibenband und die Aufrauhung am Schienbeinknochen bilden einen Mechanismus, der für die Streckung und Stabilisierung des Kniegelenks wichtig ist. Im Gliedmaßenverlauf müssen sie in einer Linie (Gliedmaßenachse) angeordnet sein, um eine ungestörte Gelenkfunktion zu gewährleisten. Treten eine oder mehrere dieser anatomischen Strukturen aus der Gliedmaßenachse nach innen oder außen heraus, kann es zu einer Kniescheibenverrenkung kommen.


Ursachen


Man unterscheidet die mediale (zur Mitte hin) und laterale (nach Außen hin) Patellaluxation und eine genetisch bedingte (kongenitale) Form von einer spontanen traumatischen Luxation.


Mediale Luxation


Die mediale Luxation (Verlagerung über den medialen Rollkamm) stellt in der Praxis die häufigste Form der Luxation dar. Die Patella kann aber auch in beide Richtungen luxieren, wobei diese Form eher seltener anzutreffen ist.

  • Genetische Veranlagung der Patellaluxation - medial: Bei kleinen Hunderassen und Zwergrassen (wie Jack Russel, Zwergpinscher, Zwergpudel, Yorkshire-Terrier, Chihuahua, Pekingese, Papillon und Boston-Terrier) kann eine Häufung der medialen Luxation beobachtet werden.

  • Pathologische Winkelung des Oberschenkelkopfes (coxa vara)

  • Mediale Verlagerung des Oberschenkelmuskels: O-Beinstellung des Hundes

  • Hypoplasie der Rollfurche des Oberschenkelknochens bzw. zu große oder zu kleine Patella: Die Patella kann außerdem aus ihrer Gleitrinne rutschen, wenn die Rollfurche nicht tief genug ausgeprägt ist oder die Kniescheibe selbst zu groß oder zu klein ausgebildet ist und dadurch nicht richtig in ihre Führung passt.

  • Rotationsinstabilität des Kniegelenks

  • Deformation des Schienbeinknochens


Laterale Luxation


Diese Form tritt bei kleinwüchsigen und großen Rassen gleichermaßen auf. Ein plötzliches Auftreten der Kniescheibenverrenkung ist bei kleinen Rassen im Alter bekannt, während bei großen Rassen diese Art der Verrenkung häufig im Wachstum auftritt und mit einer Hüftgelenksdysplasie einhergeht.

  • Pathologische Winkelung des Oberschenkelkopfes

  • Mediale Torsion und Biegung des unteren Endes des Oberschenkelknochens

  • Außenrotation und Deformation des Schienbeinknochens: Die Hunde haben dann X-Beine

  • Laterale (nach Außen) Verlagerung des Oberschenkelmuskels


Erworbene Patellaluxation (Luxatio patellae traumatica)


Anders als die angeborene Patellaluxation wird die erworbene Form durch einen Unfall verursacht oder durch eine andere orthopädische Erkrankung, bspw. Hüftdysplasie oder in Fehlstellung verheilte Knochenbrüche, begünstigt. Sie manifestiert sich häufiger medial, einseitig und stets schmerzhaft. Ferner tritt meistens eine akut auftretende Lahmheit auf, da es zu Kapselverletzungen, Bandrupturen, Knorpel-, Gefäß- und Nervenverletzungen kommen kann.


Geschlechtsspezifische Prädisposition (Veranlagung)


Das Knie wird, wie im Kapitel Anatomie des Kniegelenks erläutert, von zahlreichen Bändern stabil gehalten. Bei Hündinnen sind diese Bänder zyklusabhängig etwas dehnbarer damit sich im Falle einer Geburt der Geburtskanal weiten kann. Die Hormone, die dafür verantwortlich sind, wirken sich jedoch auf alle Bänder im Körper aus und nicht nur auf die Bänder des Geburtskanals. Folglich auch auf den Bandapparat des Knies. Jede Läufigkeit führt zu dieser "Bändererweichung" und bildet sich nicht immer ganz zurück. Es resultiert eine gewisse Erschlaffung. So erklärt sich das Phänomen, dass zwar bei erblich vorbelasteten Hündinnen eine Neigung zur Patellaluxation vorliegt, diese jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt sichtbar wird oder nur um den Zeitpunkt der Läufigkeit herum, bzw. nach einer Geburt.


Luxatio patellae infolge Ãœberlastung durch Hundesport


Die Muskulatur, die Sehen, die Bänder und das Skelett sportlich genutzter Hunde sind besonders von Überlastungsschäden und äußeren Verletzungen betroffen. Beim Hundesport, insbesondere auf den Rennstrecken, müssen Hunde sehr enge Kurven einnehmen was zur Einwirkung von starken dynamischen Kräften vor allem auf die Extremitäten führt. Dadurch werden die eingangs erwähnten Strukturen sehr belastet und es kann zu Überdehnung der Sehen und Bänder kommen was eine Luxation der patellae begünstigen kann.


Ausprägungen einer Patellaluxation – Luxationsgrade (Grad 1 - 4)


Im Rahmen eines tierärztlich orthopädischen Untersuchungsgangs des Kniegelenks kann die die Diagnose gestellt werden. Das Untersuchungsergebnis wird in der Regel den „Luxations-Graden 1-4“ zugeordnet werden.


Grad 1:

Grad 1 bedeutet, dass die Kniescheibe bei der Untersuchung des Gelenks nach manuell verursachter Luxation spontan wieder zurück in die Normalposition gleitet. In diesem Fall handelt es sich um eine Subluxation. Die spontane Luxation tritt während der Bewegung nur selten auf, so dass kaum Lahmheiten beim Hund zu beobachten sind.


Grad 2:

Die Unterschiede zwischen Grad 2 und 3 sind schwer zu unterscheiden. Beim Grad 2 können leichte Deformationen des Oberschenkels auffallen. Die Kniescheibe lässt sich manuell durch seitlichen Druck oder einer Beugung des Kniegelenks luxieren. Sie verharrt so lange in dieser Position, bis sie spontan durch die Bewegung des Hundes oder wieder manuell reponiert wird.

Grad 3:

Bei Grad 3 ist die Kniescheibe meist dauerhaft luxiert. Sie kann manuell in ihre physiologische Position innerhalb des Rollkamms zurückverlagert werden, gleitet aber erneut bei der Beugung oder Streckung des Gelenks aus der Rollfurche. Fehlbildungen von Ober- und Unterschenkel sind eventuell bemerkbar und die Muskulatur möglicherweise schon verändert.


Grad 4:

Bei Grad 4 kann die Kniescheibe nicht mehr aus ihrer Luxationsstellung verschoben werden. Sie kann nun nicht mehr manuell in die natürliche Lage verlagert werden. Die Fehlbildungen von Ober- und Unterschenkel, sowie der Muskulatur sind deutlich bemerkbar.


Symptomatik der Patellaluxation


Gangbild


Bereits im jungen Alter, meist ab dem 5. Lebensmonat, fallen Hunde mit angeborener Veranlagung zu einer Patellaluxation auf. Dabei gilt je früher sich das Krankheitsbild manifestiert, desto stärker sind die anatomischen Veränderungen des Skeletts. Intermittierende Luxationen erkennen die Hundehalter kaum, da sich für den Laien nur schwer erkennbare Veränderungen im Gangbild zeigen. In der Regel sind sie Zufallsbefund im Rahmen einer anderen tierärztlichen Vorstellung. Das typische Gangbild zeichnet sich im Moment der Luxation durch eine vollständige Entlastung der Gliedmaße ab. Der Hund dreht das Kniegelenk nach innen und beugt es stark, da der Gleitmechanismus der Patella in diesem Moment stockt. Der Streckmechanismus funktioniert nicht mehr und eine Kraftübertragung auf den Unterschenkel ist nicht mehr möglich. Instinktiv strecken in diesem Moment manche Hunde ihre Gliedmaße nach hinten, um eine mögliche Reponisation der luxierten Kniescheibe auszulösen. Gleitet die Patella auf die Rollfurche des Oberschenkelknochens wieder zurück, so läuft der Hund lahmheitsfrei weiter. Kann sich die Kniescheibe wieder selbstständig in die Gleitrinne reponieren, so ist davon auszugehen, dass die pathologischen Veränderungen weniger stark ausgeprägt sind. Des Weiteren kann man feststellen, dass Hunde die betroffene Gliedmaße für einige Schritte hochhalten. Sie laufen auf drei Beinen bis die Patella wieder in ihrer physiologischen Position ist. Manchmal kann man beobachten, dass die Beine synchron wie beim Kaninchen nach vorne gezogen werden, um nicht angewinkelt werden zu müssen. Der Hund hinterlässt ein Gangbild wie bei einem „hoppelndem“ Kaninchen. Die Besitzer können zudem Schwierigkeiten beim Treppen auf- und absteigen bemerken. Eine dauerhafte Luxation der Patella führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gliedmaßen und zeigt sich mit deutlichem Lahmen des Tieres. Der Hund versucht das Bein stark zu entlasten. Er tritt kaum noch auf und versucht auf drei Beinen zu gehen. Die Kniegelenke sind nach medial gedreht und können nicht mehr gestreckt werden. Die Hunde laufen mit gekrümmten Rücken, gebeugter Haltung und kurzen Schritten.


Weitere Symptome


Die Hunde zeigen eine Schmerzhaftigkeit, insbesondere dann wenn die Patella über den Rollkamm springt und wenn sie wieder in die Rollfurche zurückschnellt.

Immer wenn die Patella aus ihrer Gleitrinne springt, besteht zudem die Gefahr, dass sich Knorpelläsionen bilden. Die Folge können Entzündungen im Gelenk sein, welche sich zunächst durch eine Schwellung, Schmerzhaftigkeit, Berührungsempfindlichkeit und ein warmes Gelenk zeigen. Später können sich Arthrosen im Gelenk bilden. Das Gelenk kann dauerhaft geschädigt werden. Als Folge wird das betroffene Bein zunehmend geschont und verliert an Muskulatur. Die überlastete Hintergliedmaße, die Rückenmuskulatur und die Schultermuskulatur verspannt. Die Sehnen und Bänder des betroffenen Hinterlaufs verkürzen sich, der Gelenkknorpel leidet massiv und die Gelenkflüssigkeit wird immer dünner und weniger.

Oftmals kann im Zusammenhang mit der Patellaluxation ein Knirschen/ Knacken im Kniegelenk wahrgenommen werden. Durch das „Neben-der-Spur-Laufen“ der Kniescheibe entsteht ein deutlich höherer Druck auf den Knorpel der Kniescheibe, aber auch auf den Oberschenkelknorpel. Wie schon beschrieben hat dies eine schnelle Knorpelabnutzung (Arthrose) zur Folge. Eine Patellaluxation kann dauerhaft zu einer Instabilität und Abnutzung des Gelenkknorpels unter der Kniescheibe oder beim Oberschenkelgleitlager führen und dadurch hörbare Reibegeräusche (Krepitationen) verursachen.


Behandlung in der Tierphysiotherapie


Ziel der Physiotherapie ist das Erreichen eines stabilen belastungsfähigen, schmerzlosen Kniegelenks, die Verbesserung der Lebensqualität, die Beweglichkeit und die Laufleistung wieder herzustellen, sowie die Verhinderung oder Verzögerung des Fortschreitens einer Arthrose, die Erhaltung der Motorik und zu guter Letzt das Training eines physiolog. Gangbildes.

Zusätzlich wird ein Augenmerk auf die überlasteten Strukturen infolge der Schonhaltung gelegt. Es gilt diese stabil zu halten.


Geeignete Mittel


Die Aufklärung des Besitzers steht am Anfang der physiotherapeutischen Behandlung.

Dazu zählt die Beratung zur Ernährung zur Vermeidung Adipositas, Fütterung und Nahrungsergänzungsmittel.


  • Massage

  • TENS

  • Kältetherapie

  • Wärmetherapie

  • Passive Bewegungsübungen

  • Dehnungsübungen

  • Pulsierende Magnetfeldtherapie

  • Aktive Bewegungsübungen (nach Therapieplan)


Damit wäre ich am Ende meines Blogbeitrags angelangt.

Ihr könnt Euch melden, wenn Ihr Fragen habt!


Eure Alice




Literaturverzeichnis


Pschyrembel W

Klinisches Wörterbuch

261. Auflage, 2007

De Gruyter Verlag


König / Liebich

Anatomie der Haussäugetiere,

6., überarbeitete Auflage, 2014

Schattauer Verlag


Doktorarbeit - Die Luxatio patellae beim Hund

Behandlung und Ergebnisse in den Jahren 1999 bis 2008

Tierärztliche Fakultät der LMU München


Doktorarbeit - Computertomographische Untersuchungen zur Luxatio patellae congenita des Hundes

Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin 2008


Fachzeitschriften:

Erkrankungen des Kniegelenks

CVE Kleintier

Veterinär Verlag, 2012


Internet:



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