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Schmerzempfindung beim Hund

Und woran du sie erkennst.



Schmerzerkennung beim Hund –

Zusammenhang zwischen Schmerzen und Verhaltensveränderung


„Der Schmerz wird definiert als eine komplexe subjektive Sinneswahrnehmung, die als akutes Geschehen den Charakter eines Warn- und Leitsignals aufweist und in der Intensität von unangenehm bis unerträglich reichen kann.“


Im Grunde genommen ist also Schmerz etwas Gutes, da er mitteilt, dass etwas im Körper nicht stimmt. Wir Menschen gehen dann für gewöhnlich zum Arzt und kümmern uns um das schmerzverursachende Problem. Im Gegensatz zu unseren Tieren können wir uns dann über Mimik, Gestik und Kommunikation ausdrücken, wo es „zwackt und drückt“. Bei Tieren sieht das aber ganz anders aus.


Woher wissen wir, ob und wie Tiere Schmerzen empfinden?

Inzwischen ist es wissenschaftlich belegt, dass Tiere die gleichen Schmerzrezeptoren wie wir Menschen besitzen. Damit ist klar, dass sie genauso wie wir Menschen Schmerz fühlen. Ob er von der Empfindung (Qualität) gleich ist wie bei uns Menschen ist bisher noch ungeklärt. In meinen Augen aber irrelevant, denn wenn mir mein Tier durch sein Verhalten Unwohlsein zeigt, so kann ich erahnen, dass etwas nicht stimmt. Als verantwortungsvoller Tierbesitzer sollte ich der Sache auf den Grund gehen und gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Tierarztes die Ursache erkunden.

Es gibt in der Tat einige Hinweise darauf, wie uns Tiere – insbesondere unsere Haustiere –Schmerzen signalisieren. Tiere können nicht wie wir mit uns kommunizieren. Sie zeigen Schmerzen durch eine Änderung Ihres gewöhnlichen Verhaltens an. Hier seid Ihr als aufmerksame Halter gefragt, denn nur Ihr kennt Euer Tier am besten.


Akuter Schmerz

Beim Schmerz kann man zwei unterschiedliche Arten unterscheiden – der akute und chronische Schmerz. Diese können sich unterschiedlich im Verhalten des Tieres äußern. Ein akuter Schmerz kann im Unterschied zum chronischen Schmerz leichter von Euch erkannt werden, da der Hund die Verhaltensänderung sofort und in der Regel eindeutig zeigt und oft geht sie direkt mit dem schmerz auslösenden Ereignis einher. Die Ursache für den Schmerz ist daher meist bekannt. Beispiele für einen akuten Schmerz sind Prellungen, Zerrungen und Knochenbrüche.

Beispiel: Der Hund tobt mit Artgenossen, schreit kurz auf und humpelt nunmehr auf 3 Beinen. In diesem Fall könnt Ihr ganz klar erkennen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Das zeigt Euch zum einen das Aufschreien und zum anderen das Humpeln des Tieres.

AKUTE SCHMERZSIGNALE:

  • Hecheln

  • Winseln und Aufjaulen

  • Zittern

  • Schonen einer Gliedmaße

  • Vermeiden einer Bewegung


Chronischer Schmerz

Chronischer Schmerz ist oft wenig auffällig, da er nicht mit einer ganz plötzlichen Verhaltensänderung/ Reaktion des Tieres einhergeht. Der Schmerz dauert meist schon länger an (länger als 3 Monate) und kann von der Intensität her variieren. Von Zeit zu Zeit können Schübe starker Schmerzen auftreten, die dann in moderaten Schmerzphasen übergehen. Die Beobachtungsgabe von Euch ist in diesen Fällen besonders gefragt, da diese Art von Schmerz sehr schwer zu erkennen ist. Unbehandelt können solche Schmerzen die Lebensqualität Eures Hundes stark einschränken. Im Gegensatz zu einem reinen akuten Schmerzempfinden, kann der chronische Schmerz in ein Leiden des Tieres übergehen. Leiden kann dann auf Dauer zu Verhaltensänderungen Eures Vierbeiners führen.

Grundsätzlich werden Euch Veränderungen im Verhalten Eurer Tiere, die auf Schmerzen hindeuten könnten, eher auffallen als dem Tierarzt, der Euer Tier nur von Untersuchungen her kennt. Es ist daher ratsam, dass Ihr genau auf Verhaltensänderungen achtet - auch wenn sie zunächst von Euch nicht als relevant gewertet werden und nicht unbedingt mit Schmerzen in Verbindung gebracht werden.

Ich habe Euch dazu einige Verhaltensänderungen zusammengefasst, die Euch Anhaltspunkte für Anzeichen für Schmerzen geben können. So fällt es Euch leichter zu erkennen, ob Euer Hund möglicherweise unter Schmerzen leidet.


CHRONISCHE SCHMERZSIGNALE:


Offensichtliche Anzeichen (leicht erkennbar)

Die hier eingangs aufgezählten Anzeichen könnt Ihr noch relativ leicht erkennen, da sie Probleme im Bewegungsapparat erahnen lassen:

  • Probleme beim Bein heben (Urinieren)

  • Pfotenschleifen

  • Erschwertes Aufstehen nach dem Liegen (der Hund muss sich erst einlaufen)

  • Lahmen

  • Schwierigkeiten beim Lagewechsel (Sitz-, Platz, Aufstehen)

  • Der Hund ist wackelig auf den Beinen / geht unkoordiniert


Vor allem bei der Arthrose gibt es eine schmerzhafte „Anlaufphase“, meist morgens, nach der sich die Bewegungen dann „normalisieren“ und die Beschwerden besser werden („Hund muss sich einlaufen“).



Versteckte Anzeichen (schwer erkennbar)

Die folgend enumerierten Anzeichen können Grundlage von diversen Problemen sein, da sie mit einer Verhaltensänderung einhergehen, die nicht zwingend mit muskoskelettalen Schmerzen in Verbindung gebracht werden.

Bei der Appetitlosigkeit zum Beispiel denkt Ihr vermutlich eher an ein gastrointestinales Problem oder an eine Futterverweigerung, da das Futter dem Hund nicht mehr zu schmecken scheint. Selten denkt man an Schmerzen in der Wirbelsäule, in der Pfote oder im Knie.

  • Geräuschempfindlichkeit (Schreckhaftigkeit)

  • Ängstlichkeit

  • Appetitlosigkeit

  • aggressives Verhalten ggü. Menschen oder Artgenossen


Aggressives Verhalten wird insbesondere bei chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates beobachtet. Die Tiere zeigen ein wechselhaftes Temperament auf. Die Besitzer beschreiben oft den Charakter des Tieres als „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“. Das unberechenbar aggressive Verhalten tritt typischerweise dann auf, wenn man sich dem Hund nähert oder der Hund liegt.

Beispiel: Hund und Besitzer liegen gemeinsam auf der Couch. Der Besitzer steht auf. Ohne Vorwarnung schnappt der Hund in diesem Moment nach seinem Herrchen/ Frauchen. Durch das Aufstehen des Besitzers von der Couch kam es zu einem Lagewechsel beim Hund, welcher offensichtlich zu Schmerzen geführt hat.


  • Bewegungsunlust

  • Zurückhaltung bei Treppen hinauf- oder hinunter zu steigen

  • Lethargie

Auch die Bewegungsunlust wird bei Schmerzen des Bewegungsapparates beobachtet. Euer Hund möchte nicht mehr, oder nicht mehr so lange spazieren gehen. Er setzt sich oder legt sich während des Spaziergangs hin. Er meidet Treppen und/ oder wirkt in einigen Fällen lethargisch.


Katzen zeigen bei Schmerzen des Bewegungsapparates (bspw. chronische atritische Schmerzen) ebenfalls

  • gesteigertes Angst- und Aggressionsverhalten

  • Zurückhaltung beim Springen auf Gegenständen (Kratzbaum)

  • Zurückhaltung bei Treppen hinauf- oder hinunter zu steigen

  • Veränderungen bei der Hygiene – Urinieren

  • Vermeiden von Katzentoiletten mit hohen Seitenwänden


Besitzer beschreiben, dass die Katze plötzlich außerhalb der Katzentoilette uriniert. Ein Ereignis oder eine Erkrankung liegt hierbei aber nicht zu Grunde. Daher sollte man an SCHMERZEN denken!


Bei Leistungs – und Sporthunden können Schmerzen zu Leistungsveränderungen führen. Die Hunde zeigen dann

  • Zurückhaltung beim Springen

  • Langsames Aufsteigen von Hindernissen

  • Schwierigkeiten bei bestimmten Bewegungen (Kurvenlaufen, Rückwärtsgehen, Seitwärtsbewegungen)


In Zusammenhang mit der Erkrankung lumbosakralen Stenose zeigen Hunde

  • Zurückhaltung beim Springen

  • Schwierigkeiten beim Hinsetzen („Sitzmachen“)

  • Selbstverstümmelung im unteren Rückenbereich, Hinterbeinen und Schwanz


Nicht nur eine gesteigerte Aggressivität, wie oben beschrieben, kann ein Schmerzsignal sein, sondern auch der umgekehrte Fall, dass Euer Hund stets auf der Suche nach Eurer Aufmerksamkeit ist. Das Verhalten tritt oft in Zusammenhang mit muskuloskelettalen Schmerzen auf.


  • Übertriebene Aufmerksamkeitssuche des Besitzers


Bei dem folgenden Verhalten denkt man nicht gleich daran, dass der Hund Schmerzen haben könnte. Man denkt eher an gastrointestinale Beschwerden. So hat man in Studien festgestellt, dass Hunde ein Zwangsverhalten dahingehend entwickeln, dass sie vermehrt Steine fressen. Beobachtet wurde das in Zusammenhang mit Schmerzen im Lendenbereich bzw. in den Hüften. Wenn also beim Tierarzt gastrointestinale Beschwerden (Bluttest, Stuhluntersuchung, Ultraschall etc.) für das Verhalten „Steine fressen“ ausgeschlossen wurde, sollte man eventuell auch an Schmerzen im Bewegungsapparat denken.


  • Entwicklung eines Zwangverhaltens: bspw. Fressen von Steinen


Ein vermehrtes Belecken/ Kauen einer Region am Körper kann ebenfalls auf Schmerzen hindeuten. Auch im Falle von einer Leckdermatitis sollte man eine Schmerzsymptomatik nicht außer Acht und ggf. näher abklären lassen.


  • Übermäßiges Schlecken/ Belecken/ Kauen einer Körperregion


Durch Schmerzen können viele Verhaltensveränderungen resultieren. Zweifellos bleiben viele Fälle unerkannt, weil der Zusammenhang zwischen den klinischen Anzeichen und den Schmerzen nicht sofort erkannt wird. Ein noch häufigeres Problem ist, dass man die Zusammenhänge zwischen Verhalten und Schmerz nicht sofort zu erkennen vermag.


Im Folgenden möchte ich Euch weitere Verhaltensveränderungen nennen, die auf Schmerzen hindeuten könnten (Quelle: 12. Internationale Veterinary Behavior Meeting):


  • Destruktivität, wenn Hunde alleine gelassen werden

  • Gewölbter Rücken - Kyphose

  • Weigerung des Betretens des Hauses oder Wohnung mit glatten Böden

  • Nächtliche Unruhe/ Nächtliches Umhergehen

  • Weigerung Leine oder Geschirr anzuziehen

  • Berührungsempfindlichkeit an bestimmten Körperregionen (v.a. Rücken, Hüfte)

  • Gestelzter/ steifer Gang

  • Heben oder Schütteln von Pfoten

  • Hypervigilanz (erhöhte Wachsamkeit)

  • Phantomkratzen


Weitere Anzeichen für Schmerzen beim Hund können sein:

Wenn der Schmerz sich schon chronisch manifestiert hat und längere Zeit andauert, können sich bereits körperliche Anzeichen zeigen. Das Aussehen des Hundes verändert sich:

  • Abnahme der Muskulatur (Atrophie)

  • Verspannungen der Muskulatur

  • schuppiges, glanzloses, struppiges oder fettiges Fell

  • Veränderung des Geruches des Hundes

  • Veränderungen im Gesichtsausdruck des Hundes (wirkt angestrengt, hat Augenringe)


FAZIT:

Euer Hund kann Schmerz auf vielerlei Art und Weise zeigen. Häufig sind es Veränderungen im Verhalten, die nicht gleich auf Schmerzen schließen lassen. Daher solltet Ihr Eure Hunde immer sehr genau beobachten, damit Schmerzen so früh wie möglich erkannt werden und sich nicht chronisch manifestieren. Ein chronischer Schmerz ist schwieriger zu behandeln und mündet irgendwann unweigerlich in ein Leiden des Tieres. Schlussendlich treten beim nicht rechtzeitigen Erkennen des Schmerzes mit der Zeit körperliche Veränderungen auf.

Nehmt bitte jede Schmerzäußerung Eures Hundes ernst und handelt rechtzeitig!

Alles Liebe

Eure Alice

Quellen:

- Ganzheitliche Schmerztherapie für Hund und Katze von Andreas Kasper und Markus Zohmann


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