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HD - Hüftgelenksdysplasie


HD - Hüftgelenksdysplasie

Sind wirklich nur die Gene schuld?


Heute möchte ich mit dem Mythos aufräumen, dass ein HD-geplagter Hund ein Opfer seiner Gene ist. Auch wenn Hunde genetisch schlechte Voraussetzungen haben, so müssen sie nicht zwingend schlechte Hüften bekommen. Auch wenn die Gene allein ungünstig sind, lässt sich die Entwicklung noch durch die Epigenetik ändern. Diese Epigenetik beschreibt dabei die mögliche Einflussnahme auf unsere DNA über äußere und innere Einflussfaktoren, wie z.B. Ernährung und Bewegung.

Aber nun zurück zum Anfang.


Was bedeutet Hüftgelenksdysplasie?

Die Hüftgelenksdysplasie ist eine der häufigsten und bekanntesten Skeletterkrankungen des Hundes.

Ihr solltet wissen, dass die HD nicht angeboren ist. Die Veränderungen des Hüftgelenkes entwickeln sich erst postnatal während des Wachstums des Hundes. Das Wort Dysplasie bezeichnet in der Veterinärmedizin die Fehlbildung einer anatomischen Struktur bzw. die abnorme Entwicklung einer Struktur, die ursprünglich korrekt geformt war. In der Veterinärmedizin wird daher heute der Begriff der „erblich bedingten postnatalen Fehlentwicklung des Hüftgelenkes“ weitestgehend akzeptiert.


Welche Strukturen sind bei dieser Erkrankung betroffen?

Bei einem gesunden Hüftgelenk fügt sich der Oberschenkelkopf passgenau in die Hüftgelenkspfanne, quasi wie ein Schlüssel in sein Schloss, hinein. Der Kopf des Oberschenkelknochens kommt zu ca. zweidrittel in der Gelenkspfanne zum Liegen. Das Band, welches den Hüftkopf mit der Gelenkpfanne verbindet und die Gelenkkapsel sind straff, die umgebende Muskulatur weist eine normale und gesunde Muskelspannung auf.

Im Gegensatz dazu zeigt ein dysplastisches Gelenk eine Laxizität (Lockerheit) und eine Passungenauigkeit der beiden Gelenkanteile auf. Der Oberschenkelkopf passt also nicht exakt in seine Pfanne oder anders ausgedrückt passt der Schlüssel (Kopf) nicht in sein Schloss (Pfanne). Grundsätzlich gilt, dass die Form des Oberschenkelkopfes und die Form der Hüftgelenkspfanne nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Im Falle der Pfanne besteht die Möglichkeit, dass sie zu flach oder zu groß ausgebildet sein kann. Folglich umschließt sie nicht ausreichend den Oberschenkelkopf. Des Weiteren kann der Oberschenkelkopf eine veränderte Form oder Größe aufweisen, so dass er nicht in die Pfanne passt. In beiden Fällen ist das Gelenk lockerer und greift nicht gut ineinander. Es gibt aber auch Fälle in denen beide Gelenkpartner zwar passend aussehen, aber dennoch das Gelenk nicht genügend geschlossen ist. Ursächlich dafür kann ein zu weiter Gelenkspalt aufgrund von einem schlechten Muskeltonus, einem losen Gelenkband und/ oder einer losen Gelenkkapsel sein. Die Folge ist auch hier eine Laxizität im Gelenk. Die unterschiedlichen Ausprägungen der HD können variieren von einem Gelenk, das annährend gesund aussieht und sich kaum krankhaft auswirkt, bis hin zu Formen, bei denen der Oberschenkelkopf überhaupt nicht mehr in seine Pfanne passt und somit schon außerhalb der Gelenkpfanne sitzt und massive Probleme bereitet. Letzteres nennt man dann eine Hüftgelenksluxation oder Hüftgelenksausrenkung.



Krankheitsursachen – nicht nur eine Frage der Gene

In der Tiermedizin ist die Ursache der Entwicklungsstörung, die dann schlussendlich zur HD führt, trotz zahlreicher Untersuchungen noch nicht genau und abschließend geklärt. Es scheinen sowohl hereditäre als auch Haltungs- und Umwelteinflüsse eine Rolle zu spielen. Einigkeit herrscht aber zumindest darüber, dass eine genetische Komponente zur Entstehung der HD beiträgt. Das heißt, dass die Veranlagung für die Entwicklung der HD, der Welpe von seinen Elterntieren erbt. Der Erbgang für die HD ist ein polygener mit unvollständiger phänotypischer Varianz. Daher wird die genetische Erkrankung der HD auch als multifaktorielle Erbkrankheit bezeichnet. Dies bedeutet, dass nicht nur ein einzelnes defektes Gen, das ein Welpe von seinen Eltern bekommt, die Erkrankung hervorrufen kann, sondern erst die Kombination aus verschiedenen Genen, die ein Tier in seinem Erbgut hat, über die Veranlagung zur HD entscheidet. Diese Erbanlagen scheinen an den unterschied-lichen Stellen die Entwicklung einer Hüftgelenksdysplasie zu beeinflussen. Es wird vermutet, dass einige auf die Entwicklung des Hüftgelenks direkt einwirken, wobei andere wiederum eher indirekt greifen. So wird angenommen, dass die Form und die Länge der Rückenlinie und die Stellung des Beckens, also die Winkelung der Hintergliedmaße, einen Einfluss auf die Entwicklung zur HD haben. Eine nicht unerhebliche Rolle sollen aber auch die erblich fixierte Wachstumsgeschwindigkeit, das Körpergewicht und die Muskelmasse spielen.

Für Nichtmediziner möchte ich das eben Erläuterte und die möglichen Auswirkungen nochmals möglichst einfach darstellen: Da eine Kombination aus verschiedenen Genen und andere Faktoren für die HD verantwortlich sind, kann es sein, dass ein an HD erkranktes Muttertier mit einem HD-freien Vatertier durchaus gesunde, aber auch kranke Nachkommen gebären kann. Die gesunden Nachkommen haben in ihrem Genmaterial trotzdem kranke Gene, die sie von ihrer Mutter geerbt haben. Diese wiederum können sie an ihre Nachkommen weitergeben und kranke Welpen zur Welt bringen. Es ist aber auch so, dass HD-Eltern nicht zwingend Nachkommen zeugen, die schließlich an HD erkranken. Umgekehrt können HD-freie Eltern Welpen zeugen, die an HD erkranken, da die hüftdysplasiebegünstigende Genkombination der Elterntiere erst bei den Kindern zum Tragen kommt. Natürlich steigt aber das Risiko, dass Nachkommen eine HD entwickeln deutlich an, wenn die Elterntiere selbst erkrankt sind. Innerhalb eines Wurfs müssen aber dann nicht alle Welpen eine HD bekommen und die erkrankten Welpen können später eine HD unterschiedlichen Ausmaßes entwickeln.


Wie entsteht die Hüftgelenksdysplasie?

Man kann davon ausgehen, dass jeder Hund, der an einer HD leidet, zunächst mit gesunden normalen Hüftgelenken geboren wurde. Die Erkrankung entwickelt sich erst im Laufe des Wachstums des Welpen durch ein Zusammenspiel von unterschiedlichen genetischen Faktoren (erkranktes Gen und andere Gene bspw. für die Länge der Rückenlinie etc.), äußere Einflüsse und Umweltfaktoren (Ernährung, körperliche Belastung). Da das Welpenskelett zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht vollständig verknöchert ist und somit weder die Pfanne, noch der Oberschenkelkopf vollständig ausgebildet ist, können die genannten Faktoren (genetische oder/ und äußere Einflüsse) Störungen im Wachstum des Welpenskeletts verursachen und damit zu einer Fehlentwicklung des Hüftgelenks führen. Daher kommt es schon meist im Welpenalter zu einer Subluxationsstellung (s.o.) der Hüfte. Dies bewirkt dann beim heranwachsenden Hund eine Deformation des Pfanne und/ oder des Gelenkkopfes bis sich schließlich alle typischen Veränderungen einer HD einstellen. Eine Instabilität des Gelenkes schon im Welpenalter kann zu einer Subluxation und als Folge zu den oben genannten Deformitäten des Hüftgelenks führen. Die Stabilität des Gelenkes wird grundsätzlich erreicht durch:


  • die Kongruenz von Oberschenkelkopfkopf und Pfanne

  • ein straffes Oberschenkelkopfband

  • einen ausreichender Muskeltonus der Beckenmuskulatur

  • eine straffe Gelenkkapsel


Sind eine oder mehrere dieser Faktoren gestört, so ergibt sich daraus eine vermehrte Lockerheit des Gelenkes, die zur biomechanisch ungleichmäßigen Belastung der Gelenkanteile führt.


Fehlentwicklung der Pfanne als eine Ursache

Man geht davon, dass für die Entstehung der perfekten Passform des Hüftgelenks ein adäquater Reiz vom Oberschenkelkopf auf die Hüftgelenkpfanne ausgehen muss.

Man hat festgestellt, dass sich schon im frühen Welpenalter Veränderungen des Oberschenkelkopfbandes bei HD Hunden nachweisen lassen. Dies fördert die Subluxationsstellung des Oberschenkelkopfes. Damit kann der Oberschenkelkopf nicht mehr seinen formgebenden Reiz in der Hüftgelenkspfanne setzen. Aufgrund des nunmehr pathologischen Reizes kommt es zu ungleichen Belastungen in der Pfanne, so dass unter den Druckkräften der Pfannenrand an be-stimmten Stellen stärker abgeflacht wird. Der starke Druck führt zudem zu einer Wachstums-hemmung, so dass der Pfannenrand nicht entsprechend der Größe des Oberschenkelkopfes wachsen kann, somit also flacher verbleibt. In der Folge wird das Gelenk instabil und die Lockerheit des Oberschenkelkopfes in der Hüftpfanne nimmt zu. Der Teufelskreis beginnt, da somit noch mehr Druck auf die Ränder der Gelenkpfanne und nicht in die Tiefe des Gelenks ausgeübt wird, so dass der Pfannenrand sich mehr und mehr abflacht. Dies kann schließlich zur Subluxation des Oberschenkelkopfes aus seiner Pfanne führen.


Fehlentwicklung des Oberschenkelkopfes als weitere Ursache

Analog zu den Veränderungen an der Gelenkspfanne finden auch am Oberschenkelkopf Umgestaltungsvorgänge statt. Der dorsale (zum Rücken gelegen) Bereich kann abflachen und Knorpelschäden können entstehen. Auch ein Oberschenkelkopf, der sich nicht normal entwickelt, zum Beispiel wenn er zu klein bleibt, schafft mitunter keinen adäquaten Reiz auf die Pfanne aus, so dass sich die beiden nicht aufeinander abgestimmt entwickeln können. Auch in diesem Fall liegt eine Passungenauigkeit der beiden Gelenkanteile vor. Außerdem kann eine Winkelveränderung beim Oberschenkelhals einen auf die Pfanne negativ einwirkenden Druck bewirken und folglich zu veränderten und anatomisch nicht korrekten Formgebungen des Gelenkes führen.


Weitere Umweltfaktoren als Ursache für die Entstehung der Hüftgelenksdysplasie

Zu den Umweltfaktoren, die zur Entwicklung der HD führen können, gehören im Wesentlichen die Futterzusammensetzung und die während des Wachstums stattfindende Bewegung. Energetische Überversorgung ist ein Grund für starkes Jugendwachstum. Mit der beschleunigten Massezunahme der Knochen erhöht sich nicht in gleichem Masse deren Belastbarkeit, da die entscheidenden Reifungsprozesse im Knochen nicht proportional beschleunigt werden. Eine Kalziumüberversorgung während des Wachstums ist entscheidend für die Ausbildung eines dysplastischen Hüftgelenks. Der hohe Kalziumspiegel führt über die vermehrte Ausschüttung von Calcitonin zur Hemmung der Osteoklastentätigkeit im Röhrenknochen. Dies kann einen vergrößerten Schenkelhals-Schaft-Winkel zur Folge haben. Dieser wiederum führt unter Umständen zu einer Subluxationsstellung des Femurs. Andererseits wird aber bei zu geringer Kalziumaufnahme vermehrt das Parathormon gebildet, das einen übermäßigen Knochenabbau induziert. Die in ihrer Belastbarkeit geminderten Knochen neigen zur Deformation und Fraktur. Für die Entwicklung des gesunden Hüftgelenkes beim Welpen sind demnach eine ausgewogene Energiezufuhr und ein ausgewogenes Kalzium-Phosphor -Verhältnis in der Wachstumsphase essentiell. Der Einfluss der Bewegung für die Ätiologie der Hüftdysplasie wird kontrovers diskutiert. Eine maßvolle und gesunde Bewegungsförderung gelten als positiver Faktor für die gesunde Entwicklung des Hüftgelenks. Eine zu frühe exzessive Bewegung kann einen schädigenden Einfluss auf das Hüftgelenk ausüben. Auch Bewegung auf hartem Boden kann deutlich prädisponierend für die HD-Ausbildung sein. Zudem kann ein Einfluss der Haltung von Welpen auf glatten Böden, was zu vermehrtem Ausgleiten und damit traumatischen Gelenkschäden führt, zur Förderung einer HD führen.


Fazit

Bei der Entstehung der HD spielen zwar genetische Faktoren die wesentliche Rolle. Sie sind aber nicht alleine dafür verantwortlich, wie sich eine Hüftgelenksdysplasie beim Hund entwickelt. Es ist ebenso nachgewiesen, dass Umweltfaktoren wie Fütterung, Haltung und Bewegung bei aus genetischer Sicht empfänglichen Tieren einen Einfluss auf die Ausprägung der HD haben. Inzwischen ist bekannt, dass mit kontrolliertem Wachstum, genauer Gewichtskontrolle und dazugehöriger verantwortungsvoller Ernährung und Bewegung von Hunden sehr gute Ergebnisse erzielt werden können. Unter Anleitung eines Tierphysiotherapeuten kann gezielt die Beweglichkeit, die Kraft und die Ausdauer des Hundes sinnvoll trainiert werden. Die Schulung des Körperbewusstseins kann maßgeblich zu einer Verletzungsprävention führen. Sollte es trotz allem zu einer Verletzung kommen, so heilen die Verletzungen schneller und mit weniger Folgeerscheinungen ab.

Des Weiteren gibt die Physiotherapie Hoffnung, da sie sich positiv auf die Hüftgelenksdysplasie auswirkt und zu einer Linderung der Beschwerden führen kann.


In meinen nächsten Blog Artikeln werde ich näher auf die Krankheitszeichen und die Behandlungsmöglichkeiten der HD eingehen.


Wenn Ihr Fragen habt, kontaktiert mich gerne.


Eure Tierphysio und Reha mit Herz




Quellen:

- HD beim Hund - Chancen und Risiken - A. Zohmann, C. Grußendorf u.a.

- https://www. Hüftdysplasie (HD) beim Hund – GRSK e.V. – Gesellschaft für Röntgendiagnostik

- Zur Entwicklung der articulatio coxae und der radiologischen Frühdiagnostik der HD des Hundes – E. Köppel

- HD bei Hunden – Ficus und Löffler

- Die kanine Hüftgelenksdysplasie / Ultraschalluntersuchung – Andreas Fischer

- https://www.Vetmeduni Vienna : Kleintierchirurgie : Hüftgelenk

- https://www.tierklinik.de/medizin/hueftgelenksdysplasie-hd


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